Donnerstag, 23. April 2020

Durch die Nacht

Allgemein


Titel: Durch die Nacht 
Autor: Stig Sæterbakken
Seitenanzahl: 288
Preis: 22,00€
Verlag: Dumont




Klappentext

Karl Meyer ist Zahnarzt und führt ein durch und durch bürgerliches Leben. Doch als sein erst achtzehnjähriger Sohn Ole-Jakob Suizid begeht, droht es die Familie zu zerreißen. Karls Frau Eva steht unter Schock, die Tochter Stine verstummt. Auch Karl ist in seiner Trauer gefangen. Er denkt zurück an sein Kind, vor allem aber an das, was die Familie schon vor dessen Tod auf eine Belastungsprobe stellte: Karls Liebschaft mit der deutlich jüngeren Mona. Ist es diese Affäre, die Ole-Jakob in den Tod getrieben hat? Die Schuldfrage steht im Raum – und Karl läuft davon. Er begibt sich auf eine Reise in die Slowakei. Dort hofft er, Erlösung zu finden: in einem Haus, in dem man, so heißt es, mit seinen tiefsten Ängsten konfrontiert wird – und das man entweder gebrochen oder geheilt verlässt.


Meine Meinung

Ich bin durch Instagram auf das Buch aufmerksam geworden. Eine Leserin war unglaublich begeistert von den der Geschichte und hat es sogar als ihr Jahreshighlight betitelt. Mir war bewusst, dass es sehr düster werden würde und dass der Autor ein Jahr nach Veröffentlichung des Buches Selbstmord begangen hat. Mit diesem Wissen bin ich nochmal ganz anders an die Geschichte ran gegangen. 

Der Schreibstil ist sehr sachlich und und eher emotionslos, was den Gemütszustand des Protagonisten sehr treffend widergespiegelt hat. Es wurde deutlich, wie leer es im Inneren des Familienvaters, aus dessen Sicht das Buch erzählt wird, aussieht. Obwohl dem Leser ein Einblick in dessen Kopf gewährt wird, fällt es trotzdem schwer, seine Handlungen und Entscheidungen zu verstehen oder nachzuvollziehen. Er wirkt sehr distanziert und reflektiert sein eigenes Verhalten eher wenig, wodurch man nicht wirklich eine Sympathie gegenüber ihm entwickelt.

Man erlebt durch seine Augen das Familienleben, erfährt aber trotzdem nichts Bedeutsames über die anderen Familienmitglieder. Dadurch wird auch hier eine gewisse Distanz geschaffen, die daraufhin deutet, dass bei der gesamten Situation etwas im Argen liegt.  

In dem Buch spielen verschiedene Themen eine Rolle: Familie, Tod, Trauer, Das Zerbrechen einer Ehe, Hass... 
Es geht um die Konsequenzen, mit denen man sich auseinandersetzen muss, wenn man Menschen wehtut, die man liebt. Es sind definitiv keine schönen Themen, aber es sind Themen, die leider bei vielen Menschen eine Rolle im Leben spielen.
Deshalb fand ich es spannend, ihn auf diesem Weg zu begleiten und einen Einblick in die Situation zu bekommen. 

Spannend war auch das Ende. Ich möchte nichts verraten, ich kann nur sagen, dass das Buch viele Fragen aufwirft und keine klaren Antworten gibt. Ich saß am Ende ratlos da und wusste nicht, was ich da nun eigentlich gelesen hatte. 

Meiner Meinung ein grandioses Buch, das ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann, sollte man in der Stimmung sein, etwas düsteres zu lesen. 

4/⭐⭐⭐⭐⭐

Durch die Wand

Allgemeines

Titel: Durch die Wand - von der Asylbewerberin zur Rechtsanwältin
Autor: Nizaqete Bislimi
Verlag: Dumont
Seitenanzahl: 256
Preis: 19,99€


Klappentext

14 Jahre lang lebten Nizaqete Bislimi und ihre Familie in Flüchtlingsunterkünften und im Status der Duldung, 14 Jahre ohne sichere Lebensperspektive, in Unsicherheit und Angst. Von der sogenannten »Kettenduldung« sind heute rund 100.000 Menschen in Deutschland betroffen.
Trotz all dieser Widerstände hat es Nizaqete Bislimi mit eisernem Willen, aber auch mit der Unterstützung von vorurteilsfreien Menschen geschafft, sich ein Leben in Deutschland aufzubauen


Meine Meinung

Wer Lust hat einen Einblick in das Leben eines Flüchtlingsmädchens zu bekommen, das schon in seinem frühen Leben so viel erlebt hat, so viel durchmachen musste und so viele Hindernisse überwunden hat, der hat mit diesem Buch die perfekte Wahl getroffen. 

Nizaqete nimmt den Leser mit auf eine Reise. Gemeinsam durchlebt man nochmal die wichtigsten Knotenpunkte ihres Lebens, die sie geprägt, aber die ihr auch Angst gemacht haben. Um kurz etwas zum Schreibstil zu sagen: Ich fand ihn sehr persönlich und sehr detailliert, wodurch ich mich seht gut in die Situationen hineinversetzen konnte. Teilweise hatte ich ein so genaues Bild vor Augen, dass ich selbst das Gefühl hatte, in der Flüchtlingsunterkunft dabei gewesen zu sein. Die bildliche Sprache lässt die Autorin sehr nahbar wirken und man kann ihre Emotionen und Gedanken wirklich gut nachempfinden.

Das Buch dient auf jeden Fall als Augenöffner. Wer hat sich wirklich mal mit der Geschichte eines Geflüchteten auseinandergesetzt? Wer hat sich mal mit dem Asylverfahren beschäftigt? Es gibt leider so viele Menschen die Geflüchtete eben nur als Flüchtlinge wahrnehmen und nicht als Menschen, die solche Schwierigkeiten und Ängste hatten, dass sie ihr ganzes Leben zurückgelassen haben, auf der Suche nach etwas Besseren. 

Nizaqete berichtet von verschiedenen Begegnungen mit Menschen in den Unterkünften, in denen sie gelebt haben, mit den deutschen Behörden mit Lehrern und mit Menschen, die ihr offen begegnet sind, sie aufgenommen und sie bestmöglich unterstützt haben. 

Die Autorin schreibt davon, wie sie immer weiter gelernt hat, um weiter an sich zu arbeiten, um die Sprache zu lernen, um sich wehren und mitreden zu können. Ihr war früh klar, dass sie härter kämpfen muss, als viele andere, um ihre Träume zu verwirklichen und dennoch oder gerade deshalb hat sie nie aufgegeben. Ich persönlich fand ihre Lebensgeschichte sehr inspirierend und sie hat mir gezeigt, wie vielen Asylbewerbern Unrecht getan wird. Viele werden immer weiter auf später vertröstet, bekommen nie eine wirklich Aufenthaltsgenehmigung, sondern werden jahrelang geduldet. Wie lebt man, wenn man jeden Tag mit dem Wissen aufwacht, dass man am heutigen Tag abgeschoben werden könnte? 

Sie spricht aber auch noch andere wichtige Themen an, wie Diskriminierung gegenüber Roma. Sie erzählt davon, wie lange sie Probleme hatte, ihre Identität zu finden und wie schwer es ihr fiel, diese auch stolz zu vertreten. Es gibt immer noch so viele Vorurteile gegenüber der Roma, die sie im Laufe des Buches und auch heute noch im öffentlichen Wirken abbauen möchte. 

Für mich ein richtiges Highlight, das ich super gerne gelesen habe. Es hat mir viele neue Eindrücke geliefert, die ich so nie bekommen hätte. Große Empfehlung!

5/⭐⭐⭐⭐⭐